30.03.2025
Zwischen Trümmern und Transparenz: Nach dem Erdbeben
Beben der Verantwortung: Einsturz in Bangkok wirft Fragen auf
Das schwere Erdbeben der Stärke 8,2 mit Epizentrum in Myanmar, das Thailand am 28. März 2025 mit verheerenden Folgen erschüttert hat, hat doch erheblich mehr Schäden angerichtet, als zuerst vermutet. Insbesondere in der Hauptstadt Bangkok und im Norden des Landes. Besonders betroffen: der Bezirk Chatuchak in Bangkok, wo ein im Bau befindliches Hochhaus der thailändischen Rechnungskontrollbehörde (State Audit Office, SAO) einstürzte und ein erschütterndes Bild der Verwüstung hinterließ.
Einsturz des SAO-Gebäudes: Tragödie mit Ansage?
Inmitten der Bauarbeiten stürzte das 30-stöckige Gebäude der SAO nach dem Beben in sich zusammen. Wie Suriyachai Rawiwan, Direktor der Feuerwehr- und Rettungsbehörde Bangkoks, erklärte, sei die Struktur instabil gewesen und unter der seismischen Belastung Etage für Etage kollabiert. Der aktuelle Stand: mindestens zehn Tote, 101 Verschüttete, deren Chance zu überleben von Stunden zu Stunde schneller sinkt, 68 Verletzte – davon fünf in kritischem Zustand und 19 in akuter Lebensgefahr.Die Rettungskräfte setzen Roboter, Drohnen und sensible Audiotechnik ein, um Überlebende unter den Trümmern aufzuspüren. Unterstützt werden sie dabei von Polizei, Militär und verschiedenen Stiftungen.
Laut dem stellvertretenden Generalrechnungsprüfer, war das Gebäude erst zu 30 Prozent fertiggestellt. Das Bauprojekt wurde seit 2020 mit einem Budget von 2,13 Milliarden Baht von einem Joint Venture aus thailändischen und chinesischen Bauträgern ausgeführt, beaufsichtigt vom PKW-Konsortium. Dass ein staatlicher Prestigebau mitten in Bangkok durch ein Erdbeben einstürzt, wirft nun ernste Fragen nach Planung, Bauüberwachung und möglicher Korruption auf – insbesondere, da die SAO selbst Korruption bekämpfen soll. Die Antikorruptionsorganisation Thailands (ACT) will sich daher aktiv in die Aufarbeitung des Vorfalls einbringen.
Weitere Opfer: Tod durch Kranabsturz
Ein weiteres tragisches Ereignis ereignete sich im Stadtteil Bang Pho im Bezirk Bang Sue. Hier stürzte ein Kran bei einem Wohnungsbauprojekt aufgrund der Erderschütterung in die Tiefe. Der Kranführer kam dabei ums Leben – er wurde aus der Kabine geschleudert und starb noch am Unfallort. Die Polizei Taopoon untersucht den Vorfall.Chiang Mai: Luxus-Condo evakuiert und abgeriegelt
Auch in Chiang Mai im Norden Thailands zeigt das Erdbeben seine Nachwirkungen. Nachdem sich an einem Luxuswohnkomplex im Stadtteil Sala Daeng deutliche Risse zeigten, wurde das Gebäude durch die Stadtverwaltung gesperrt. Bewohner durften ihre Wohnungen nicht mehr betreten. Die Anlage wird nun auf strukturelle Integrität geprüft. In der Region gab es in der Vergangenheit bereits tödliche Beben, unter anderem im Zusammenhang mit der Sagaing-Verwerfungslinie – bei einem früheren Ereignis kamen dabei rund 500 Menschen ums Leben.Dämme stabil – Behörden geben vorerst Entwarnung
Im Gegensatz zu den erschütternden Nachrichten aus den Städten, gibt es zumindest aus der Wasserwirtschaft vorsichtige Entwarnung. Die Königlich-Thailändische Bewässerungsbehörde (RID) ließ unmittelbar nach dem Erdbeben sämtliche Dämme im Land inspizieren. Gemessene seismische Beschleunigungen lagen mit 0,00505 bis 0,01647 g weit unter dem Toleranzwert von 0,2 g, der sowohl national als auch international für große Dämme vorgeschrieben ist. Die RID betont, dass alle Dämme Thailands für maximale seismische Risiken ausgelegt seien.Trotzdem bleibt man wachsam: Geräte für Notfälle wurden bereitgestellt, die Daten werden weiter analysiert, und die Bevölkerung, insbesondere in Nord- und Zentralthailand sowie in Bangkok, wurde aufgefordert, aufmerksam und vorbereitet zu bleiben.
Wohnanlagen und Kulturerbe unter Beobachtung
Die Nationale Wohnungsbehörde (NHA) hat ihre Ingenieure angewiesen, insbesondere hohe Gebäude in Din Daeng und Bang Khunthian auf Schäden zu überprüfen. Erste Berichte deuten auf oberflächliche Risse hin, die jedoch nicht die strukturelle Sicherheit gefährden sollen. Inzwischen haben viele Bewohner ihre Wohnungen wieder bezogen – für Verunsicherte stehen sichere Aufenthaltszonen zur Verfügung. Auch Fahrstühle werden derzeit gründlich kontrolliert.Kulturministerin Sudawan Wangsuphakijkosol hat staatliche Stellen beauftragt, Kulturgüter, religiöse Stätten und historische Bauwerke landesweit auf Schäden zu untersuchen. Sollte Restaurierungsbedarf bestehen, sollen Maßnahmen umgehend eingeleitet werden.
Während die Rettungs- und Sicherungsarbeiten auf Hochtouren laufen, stellt sich eine unbequeme Frage: Wie konnte ein Behördengebäude mitten in der Hauptstadt unter einer Erdbebenlast einstürzen, während andere Bauwerke – einschließlich riesiger Dämme – offenbar problemlos standhielten?
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob hier Nachlässigkeit, Korruption oder schlichtes Missmanagement im Spiel waren. Klar ist jedoch: Das Vertrauen in Bauprojekte – insbesondere staatliche – ist massiv erschüttert. Und die Erschütterungen könnten Nachwirkungen zeigen, die weit über den Moment des Bebens hinausreichen.