01.04.2025
01.04.2025
High Value, Low Impact Tourism - Thailands Touristentest
Kampf gegen Pöbler, Querulanten und Berufsempörer mit Einreisetest
Die Maßnahme ist Teil eines umfassenderen Programms, mit dem das Ministerium für Tourismus und Sport das Bewusstsein für kulturelle Sensibilität, nachhaltigen Tourismus und korrektes Verhalten im Land stärken möchte. Sie ist Teil der thailändischen Strategie „High Value, Low Impact Tourism“, die auf nachhaltigen, respektvollen und qualitätsorientierten Tourismus setzt – und sich zunehmend von reinem Massentourismus abgrenzt. Damit reagiert man auf die sich häufenden Vorfälle mit randalierenden, unflätigen Reisenden, die sich wie zuletzt in Pai, völlig daneben benommen haben.
„Wir heißen unsere Gäste nach wie vor herzlich willkommen, doch wir erwarten auch ein Mindestmaß an Respekt gegenüber unseren Traditionen, unserer Umwelt und der lokalen Bevölkerung“, erklärte ein Ministeriumssprecher im Rahmen einer Pressekonferenz. Dabei wurde symbolisch ein sogenannter „Touristenführerschein“ in Form einer Tuktuk-förmigen Karte präsentiert.
Online-Test vor Abflug
Der Führerschein wird auf Grundlage eines Online-Tests vergeben, der vor der Reise auf der offiziellen Website Thailand Digital Arrival Card (TDAC) durchzuführen ist. Der Test umfasst 20 Multiple-Choice-Fragen zu zentralen Aspekten der thailändischen Kultur und Etikette, etwa:- angemessenes Verhalten in Tempelanlagen
- Grundlagen der thailändischen Esskultur (inkl. der landestypischen "Kein-Messer"-Regel)
- Hinweise zum respektvollen Umgang mit Einheimischen
- sowie Regeln zur Nutzung von Kameras und Selfie-Sticks an belebten Orten
Nach erfolgreicher Teilnahme erhalten Touristen ein digitales Zertifikat, das bei der Einreise vorgelegt werden muss. Der Test soll in mehreren Sprachen verfügbar sein und keine umfangreichen Vorkenntnisse erfordern, sondern auf eine praktische Sensibilisierung abzielen.
Einschränkungen bei Nichtbestehen
Urlauber, die den Test nicht bestehen, dürfen zwar weiterhin einreisen, unterliegen jedoch Auflagen im Aufenthaltsbereich. Konkret bedeutet dies: Unterbringung in ausgewiesenen Hotelzonen, Bewegungsfreiheit nur in Begleitung zertifizierter lokaler Sicherheitskräfte (ähnlich wie Reiseleiter) und eine eingeschränkte Teilnahme an bestimmten öffentlichen Veranstaltungen oder religiösen Festen.Die Maßnahme sei nicht als Bestrafung zu verstehen, betont das Ministerium, sondern als Schutz sowohl für Gäste als auch für die thailändische Bevölkerung.
Reaktionen aus der Branche
Der neue „Touristenführerschein“ polarisiert. Während Umweltschutzgruppen und Vertreter lokaler Gemeinden die Maßnahme begrüßen, da sie zur Reduzierung respektlosen oder ignoranten Verhaltens beitragen könne, äußerten sich einige internationale Reiseveranstalter kritisch. Sie befürchten bürokratische Hürden und verunsicherte Urlauber, insbesondere bei kurzfristigen Buchungen. Gleichzeitig betonte das Ministerium, dass man mit umfassenden Informationskampagnen und technischer Unterstützung sicherstellen werde, dass der Prozess für Touristen möglichst unkompliziert abläuft.Interview mit Somchai Paetongwatra
Wir haben telefonisch mit Herrn Paetongwatra, dem CEO der Aranatao Hotel Group gesprochen:Frage: Herr Paetongwatra, wie bewerten Sie als Hotelier die Einführung des neuen „Touristenführerscheins“ in Thailand?
Paetongwatra: Ich halte die Maßnahme für überfällig. Unsere Branche lebt von Gastfreundschaft – aber Gastfreundschaft darf keine Einbahnstraße sein. Wer unser Land besucht, sollte zumindest ein Grundverständnis für Kultur, Benehmen und lokale Gepflogenheiten mitbringen. Der Führerschein ist kein Hindernis, sondern eine Einladung zur Achtsamkeit.
Frage: Kritiker sprechen von „Reisepass-Elitismus“ und befürchten Bürokratie. Ihre Sicht?
Paetongwatra: Wer 20 Multiple-Choice-Fragen nicht schafft, sollte ohnehin nicht allein auf die Menschheit losgelassen werden – egal ob am Strand oder im Tempel. Der Test ist niedrigschwellig, mehrsprachig und online verfügbar. Wir sprechen hier nicht von einem Diplom, sondern von einem Mindestmaß an Respekt. Wer das als unzumutbar empfindet, dem wünsche ich gute Reiseziele außerhalb zivilisierter Gesellschaften.
Frage: Welche Effekte erwarten Sie konkret für Ihre Hotelgruppe?
Paetongwatra: Eine spürbare Entlastung für unser Personal, weniger Beschwerden von Gästen über andere Gäste – und eine bessere Atmosphäre. Unsere Mitarbeiter sind keine Babysitter für Benehmensverweigerer. Wenn dieser Führerschein dazu beiträgt, den Massentourismus qualitativ zu filtern, ist das nicht nur gut für Thailand, sondern auch für die Gäste, die wirklich kommen wollen – und nicht nur auftauchen.
Frage: Ein persönliches Schlusswort?
Somchai: Wer Thailand wirklich erleben möchte, wird den Führerschein mit einem Lächeln machen. Und wer schon daran scheitert – der hat wahrscheinlich auch Schwierigkeiten, ein Tuktuk von einem Elefanten zu unterscheiden.
Anmerkungen der Redaktion:
Die Einführung eines „Touristenführerscheins“ mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, erweist sich jedoch als logische Konsequenz aus zunehmenden kulturellen Konflikten, Umweltbelastungen und sozialem Unmut in beliebten Reisezielen wie Thailand. Die Maßnahme ist kein Verbot, sondern ein Korrektiv – nicht repressiv, sondern präventiv. Dass selbst bei Nichtbestehen des Tests keine sofortige Einreiseverweigerung erfolgt, sondern gestufte Einschränkungen greifen, zeugt von Augenmaß und praktischer Umsetzbarkeit.Besonders positiv hervorzuheben ist, dass das Konzept nicht pauschalisiert, sondern differenziert: Wer sich vorbereitet und respektvoll verhält, wird belohnt. Wer sich verweigert oder durch Ignoranz auffällt, erhält klare, aber nicht diskriminierende Auflagen. Dieses Modell verfolgt das Prinzip „Freiheit mit Verantwortung“ – ein Ansatz, der vielen westlichen Ländern im Umgang mit Massentourismus bislang fehlt.
Positiv ist auch, dass das Ministerium flankierende Maßnahmen wie Mehrsprachigkeit, technische Hilfe und Informationskampagnen mitdenkt. Und vor allem, der Test bietet für all die, die sich zuvor ein wenig mit der thailändischen Kultur beschäftigt haben, auch ein durchaus vorhandenes Unterhaltungspotential. Dies unterstreicht: Es geht nicht um Exklusivität oder elitäre Hürden, sondern um Mindeststandards im zwischenkulturellen Verhalten. So wie man die thailändische Kultur und die Benimmregeln einfach akzeptieren muss, solle man auch akzeptieren, dass man mal wieder in den ersten April geschickt wurde.
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