Der stille Massenmord auf Thailands Asphalt - Reisenews Thailand
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17.04.2025

Der stille Massenmord auf Thailands Asphalt

Straßen des Schreckens: Thailands Verkehr kostet täglich 50 Leben

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Thailand – das klingt für viele nach weißen Stränden, exotischem Essen und entspannten Urlaubstagen. Doch jenseits der Reiseprospekte offenbart das Land ein düsteres Bild: Seine Straßen gehören zu den gefährlichsten der Welt. Eine aktuelle Analyse der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Zusammenarbeit mit Statista stuft Thailand als eines der Länder mit der höchsten Verkehrstotenrate weltweit ein.

25,4 Tote pro 100.000 Einwohner

Die Zahlen sind erschreckend: 25,4 Verkehrstote pro 100.000 Menschen jährlich. Das ist mehr als doppelt so viel wie der globale Durchschnitt und stellt Thailand auf eine Stufe mit Ländern wie Libyen, Guinea und Kenia – allesamt Staaten mit geringeren Infrastrukturniveaus und instabilen politischen Rahmenbedingungen. Doch Thailand ist ein aufstrebendes Urlaubsland mit Millionen Touristen jährlich – und genau diese geraten immer öfter in tödliche Unfälle.

Jährlich sterben nahezu 18.000 Menschen im Straßenverkehr des Landes – etwa 50 Personen pro Tag. Die Zahl ist nicht nur ein menschliches Drama, sondern auch ein wirtschaftlicher Albtraum. Tourismus, Gesundheitswesen, Produktivität – alles leidet unter der tödlichen Unberechenbarkeit auf Thailands Straßen.

Motorräder – tödliche Hauptakteure

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Ein Blick in die Details zeigt: Über 80 % der Unfalltoten sind Motorradfahrer. Viele verzichten auf Helme, rasen durch überfüllte Straßen oder fahren unter Alkoholeinfluss. Gerade junge Männer sind besonders betroffen – nicht nur, weil sie riskanter fahren, sondern weil Motorräder das günstigste Transportmittel für breite Bevölkerungsschichten darstellen.

Und obwohl die Helmpflicht seit Jahren gesetzlich verankert ist, hält sich die Realität nur mäßig daran: Helme werden oft ignoriert, besonders in ländlichen Gebieten und bei kurzen Strecken – ein fataler Irrglaube.

Feste, bei denen der Tod mitfährt

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Besonders dramatisch sind die Unfallzahlen jährlich während der Neujahrsfeiertage (29.12. – 02. 01.) und während des thailändischen Neujahrsfests Songkran (11.–18. April). Das Innenministerium mobilisiert in diesen Zeiten jedes Jahr tausende Freiwillige, Polizeikontrollen und Checkpoints – ohne sichtbaren Erfolg.

Im Rahmen der landesweiten Verkehrssicherheitskampagne wurden bereits in den ersten zwei Tagen der Festwoche über 1.258 Alkoholfahrten registriert. Am 12. April entfielen 94,7 % aller neuen Unfälle auf Alkohol am Steuer – ein desaströser Spitzenwert.

Solche Zahlen zeigen nicht nur das Ausmaß des Problems, sondern auch die Vergeblichkeit vieler gut gemeinter Initiativen. Gesetze existieren, Kontrollen finden statt – doch der gesellschaftliche Umgang mit Alkohol, Tempo und Rücksichtslosigkeit bleibt vielerorts unverändert.

Wenn Touristen zu Opfern werden

Thailands tödlicher Verkehr fordert nicht nur einheimische Opfer – auch immer mehr Touristen geraten in gefährliche Situationen. Immer wieder berichten internationale Medien über schwere oder tödliche Unfälle mit Ausländern, etwa beim Rollerfahren ohne Helm oder beim Überqueren von Straßen, die eher Hochgeschwindigkeitszonen als innerstädtisches Gelände gleichen.

Der Fall des deutschen Paars, das kürzlich mit einem Kleinkind auf einem Zebrastreifen in Khao Lak von einem Pickup erfasst und lebensgefährlich verletzt wurde, ist nur ein Beispiel von vielen. Die öffentliche Empörung ist groß – doch nachhaltige Veränderung bleibt aus.

Regierung zwischen Kampagne und Kapitulation

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rotz regelmäßiger Sicherheitskampagnen, Promi-Warnungen und medialer Aufmerksamkeit scheint das Problem strukturell tief verwurzelt. Korruption, mangelnde Kontrollen, zu milde Strafen und ein weit verbreitetes „Mir-passiert-schon-nichts“-Denken verhindern echten Fortschritt.

Immer wieder appelliert die Regierung an Vernunft, wie kürzlich auch während Songkran. Der stellvertretende Premierminister rief dazu auf, das Fest nicht zum „Festival der Beerdigungen“ verkommen zu lassen. Doch ob Plakataktionen, Facebook-Posts und Symbolpolitik ausreichen, um ein kulturell tief verankertes Verhalten zu ändern, bleibt fraglich.

Alkohol - Hauptursache

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Zwar sind Alkoholgrenzwerte gesetzlich festgelegt (0,5 Promille für erfahrene Fahrer, 0,2 Promille für Fahranfänger), doch die tatsächliche Ahndung ist oft erschreckend milde – wenn sie überhaupt erfolgt.

In vielen Fällen werden Trunkenheitsfahrten mit einer kleinen Geldstrafe oder gemeinnütziger Arbeit geahndet, was weder abschreckt noch zur Verhaltensänderung beiträgt. Haftstrafen werden selten verhängt, und selbst bei Unfällen mit Todesfolge bleibt der Täter oft auf freiem Fuß – manchmal durch Zahlung einer „Entschädigung“ an die Familie des Opfers.

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Die Gerichtsbarkeit agiert inkonsequent, und Polizeibeamte werden regelmäßig der Korruption bezichtigt – nicht selten verschwinden Alkoholtests aus den Akten oder werden gar nicht erst durchgeführt. Die sogenannte "Kultur der Nachsicht", insbesondere gegenüber sozial höhergestellten Tätern, verhindert eine konsequente Strafverfolgung.

Neben Alkoholmissbrauch und inkonsequenten Strafen spielen noch viele weitere Faktoren eine Rolle:

🏍️ Führerscheine ohne Ausbildung

In ländlichen Regionen ist es nicht ungewöhnlich, dass Menschen jahrelang ohne Führerschein oder Fahrprüfung unterwegs sind. Besonders Jugendliche fahren Roller oder Motorräder, ohne je ein Verkehrsschild erklären zu können.

🚦 Mangelhafte Infrastruktur

Viele Straßen sind unzureichend beleuchtet, ohne klare Markierungen oder in schlechtem Zustand. Fußgängerüberwege existieren oft nur auf dem Papier – funktionierende Ampeln, Zebrastreifen oder Verkehrsschilder sind rar oder werden ignoriert.

📱 Ablenkung durch Smartphones

Auch in Thailand steigt die Zahl der Unfälle durch Ablenkung, etwa durch Handys am Steuer. Kombiniert mit fehlenden Sicherheitsgurten oder Helmen wird aus einem Zusammenstoß schnell ein Todesfall.

⚠️ Keine Fahrkultur, wenig Rücksicht

Verkehr in Thailand folgt oft dem ungeschriebenen Gesetz: Wer größer, lauter oder schneller ist, gewinnt. Reißverschlussverfahren, Vorfahrt, Blinken – alles mehr Empfehlung als Regel. Rücksichtnahme ist eher Glückssache als Standard.



Thailands Straßen – gefährlicher als der Dschungel

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Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Wer in Thailand unterwegs ist – ob auf zwei oder vier Rädern, ob als Einheimischer oder Tourist – lebt gefährlich. Die Straßen des Landes sind kein neutraler Ort, sondern ein tägliches Risiko.

Solange sich an Fahrverhalten, Rechtsdurchsetzung und Sicherheitskultur nichts grundlegend ändert, wird Thailand auf der globalen Statistikleiter der Verkehrstoten ganz oben bleiben – allerdings auf der falschen Seite. Mord durch Unterlassen könnte man das nennen, der im Strafrecht eine besonders schwerwiegende Form der Unterlassung darstellt.

Zwar kein aktives Töten, aber dass jemand einen Tod hätte verhindern können oder müssen, es aber unterlässt – und dadurch der Tod einer Person eintritt. Zwar ist bei "Mord durch Unterlassen" auch Vorsatz erforderlich – nämlich dass der Täter den Tod billigend in Kauf nimmt (sogenannter Eventualvorsatz) und Mordmerkmale wie z.B. Grausamkeit erfüllt.

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